Gefahr oder Hype? Die Wissenschaft hinter Krafttraining und Atmung mit Ole Förster #29

Sie befinden sich hier:

In der heutigen Folge spricht Thiemo mit Ole Förster über aktuelle Themen wie Pressatmung, ob Krafttraining gefährlich ist und sie verraten wie ein optimales Training für Gesundheit aussehen könnte. Außerdem tauchen die beiden tiefer in das Thema Atmung ein und erklären, was es mit der CO2-Toleranz auf sich hat und welche Atemübung bei Stress sinnvoll sein können. Am Ende der Folge spricht Ole über seine aktuelle Struktur im Training, wie er nach und nach mehr Fokus auf Ausdauertraining legt und was er am Bergsteigen so faszinierend findet.

Wir sprechen über:

  • Wer ist Ole Förster? [03:39]
  • Was beinhaltet ein ganzheitliches Krafttraining [08:11]
  • Ist eine Aktivierung von Muskeln sinnvoll? [10:52]
  • Beweglichkeitstraining [12:50]
  • Aufteilung der Einheiten [17:37]
  • Bedeutung und Vorbeugung von Verletzungen im Alter [18:26]
  • Standardmethodik für elastisch dynamisches Training [21:44]
  • Box Jumps und Opportunitätskosten [29:17]
  • Wissenschaftlich bewiesene Dinge im Krafttraining [32:15]
  • Progress und Spaß im Training [37:50]
  • Beispielhafte Krafttrainings-Woche eines Durchschnittsbürgers [41:26]
  • Splitten eines Trainingsplans [44:51]
  • Intensität und Wiederholungszahlen im Krafttraining [48:02]
  • Muskelversagen und Berücksichtigung von Schmerzen im Training [52:42]
  • Wahrnehmung von Krafttraining und Technik [01:02:20]
  • Einschätzung des Verletzungsrisikos [01:05:46]
  • Präferierte Übungen für den Durchschnittsmenschen [01:07:06]
  • Angst vor Krafttraining und Anerkennen des “Nicht-Wissens” [01:09:20]
  • Relevanz von Ausdauer im Training [01:16:04]
  • Täglicher Sport für maximalen Benefit [01:21:17]
  • Pressatmung und das Problem mit dem Schwarz-Weiß-Denken [01:22:34]
  • Nasenatmung [01:34:51]
  • Atmung und Schmerzen [01:27:29]
  • Einbindung von Atemübungen [01:41:07]
  • Tests zur Messung der CO2-Toleranz [01:43:07]
  • Möglichkeiten, um die CO2-Toleranz zu trainieren [01:45:58]
  • In welchen Situationen sollte man bei der Atmung nachhelfen? [01:51:24]
  • Extrembeispiele bei der CO2-Toleranz [01:54:43]
  • Zone-2-Cardiotraining nur mit Nasenatmung [02:01:14]
  • Eine typische Trainingswoche bei Ole [02:05:02]
  • Beispielhaftes spezifisches Ausdauertraining und Progression dessen [02:06:44]
  • Bergsteigen und der Beginn von Ausdauertraining [02:10:38]

Time Stamps und Inhalte:

03:39 Wer ist Ole Förster?

Wer ist Ole? Was macht er und welche Qualifikationen hat er?

  • Ole ist Headcoach im FT München, Personal und Athletiktrainer sowie Dozent an der TU München. Er hat dort Sportwissenschaft und Sportmedizin studiert und hat sich in den letzten Jahren auch immer mehr mit dem Thema chronische Schmerzen auseinandergesetzt.

Ende der Vorschau

Möchtest du Zugang zu ausführlichen Show-Notizen und Quellenangaben für diesen Podcast (und mehr) haben?

Schau dir diesen Beitrag an, um ein Beispiel dafür zu sehen, wie ausführliche Notizen aussehen. Werde heute Mitglied, um Zugang zu erhalten.

04:43 “Up to date” sein als Dozent

Was kann Ole über seine Erfahrungen als Dozent an verschiedenen Lehrinstituten berichten?

  • Ole berichtet über seine Erfahrungen als Dozent an verschiedenen Lehreinrichtungen. Seinen eigenen Anspruch, immer “up to date” mit der aktuellen Wissenschaft zu sein, findet er leider nicht immer bei anderen Kolleginnen und Kollegen wieder. Er beschreibt die Beobachtung, dass viele Mit-Dozenten sich nur oberflächlich für ein Thema interessieren und deshalb nicht den Wunsch verspüren, sich in diesen Bereichen weiterbilden zu wollen. Dies sei aber ein fachübergreifendes Problem, findet Ole. Thiemo beschreibt ähnliche Beobachtungen in der Medizin.

“Und dementsprechend passiert es dort schon auch immer mal wieder, dass das jetzt nicht unbedingt der aktuelle Stand ist, vor allem halt dann, wenn jemand Lehre in einem Bereich gibt, der vielleicht zum Lehrstuhl gehört, aber nicht unbedingt das eigene Interessen oder Forschungsgebiet ist.”

08:11 Was beinhaltet ein ganzheitliches Krafttraining?

Was macht ganzheitliches Krafttraining aus?

  • Was würde Ole sagen, beinhaltet für ihn ein ganzheitliches Krafttraining mit Fokus auf Gesundheit?
  • Ganzheitliches Krafttraining ist zielorientiert und umfasst verschiedene Elemente – von Mobility, Koordination bis hin Kraft- und Kraftausdauereinheiten. So können Übungen viel effektiver, zielgerichteter und gesünder für die jeweilige Person gestaltet werden.

“Wenn ich über Krafttraining spreche, habe ich immer eine ganz andere Vorstellung als jemand, mit dem ich darüber spreche. Weil für mich würde zum Beispiel so etwas wie Sprünge dazu gehören, also irgendeine Form von dynamischer Bewegung.”

  • Für Ole ist Krafttraining im Endeffekt der Überbegriff. Was für ihn dann innerhalb von so einem Training stattfinden würde, kann wiederum sehr viele Formen annehmen. Er würde auch gar nicht sagen, dass er mit den meisten Leuten Krafttraining mache, sondern immer ein Mix.
  • Im Endeffekt, stelle er sich die Frage: Wie sind die Voraussetzungen? Wo will Person X hin? Was sind ihre Ziele? Und dann kann es halt sein, dass sowas wie Beweglichkeit Sinn ergibt, gerade nach Verletzungen, wenn die Beweglichkeit verloren gegangen ist.

10:52 Ist eine Aktivierung von Muskeln sinnvoll?

Voraktivierung von Muskel(gruppen) – sinnvoll oder nicht?

  • Dass Muskelgruppen zunächst aktiviert werden müssen, bevor man in eine bestimmte Übung geht, ist heute weitestgehend widerlegt worden, so Ole. Es kann jedoch sinnvoll sein, bestimmte Muskeln zunächst außerhalb der eigentlichen Einheit anzusprechen, um ein besseres Gefühl für die Bewegung bekommen zu können und die Mind-Muscle-Connection zu stärken. Dies kann sich dann vorteilhaft auf die Ausführung der eigentlichen Übung auswirken.
  • Das Aktivieren wäre dann für Ole eher eine Art, der Person ein bisschen Gespür dafür geben, wo sie in der Bewegung eigentlich hin will.
  • Wie kann man das Training möglichst effektiv machen, ohne es auch zu verkomplizieren? Weil das will ich auch nicht, dass das dann so wirkt, als müsste ich erst tausend Sachen können, bevor ich trainiere. Training ist eigentlich relativ einfach. Man muss halt dann nur den richtigen Einstiegspunkt finden, das richtige Niveau und dann würde Ole es von hier aus immer komplexer machen (wenn die Ziele das mit sich bringen). Aber im Normalfall will er erstmal sehr, sehr einfach starten und sich dann sowohl im Gewicht als auch vielleicht in der Komplexität steigern.

12:50 Beweglichkeitstraining

Beweglichkeitstraining als beste Prävention im Alter?

  • Bewegungen müssen gelernt werden. Um die Beweglichkeit in einer Übung zu trainieren, sind besonders dynamische und explosive Bewegungen sinnvoll. Diese können je nach Trainingsstand und Alter der Person variieren. Im Alter verlieren wir natürlicherweise Muskulatur und Schnellkraft, weshalb ältere Menschen ein erhöhtes Sturzrisiko aufweisen und sich stark verletzen können.
  • Beweglichkeitstraining kann hier präventiv ansetzen, indem (auch schnelle) Bewegungen gezielt trainiert werden. Sehnen und Bänder werden gestärkt, deren Elastizität gefördert und die Kraft der Muskulatur aufrechterhalten. Für den Durchschnittsbürger geht es darum, durch kurze Einheiten schneller Belastung, den Körper für den Alltag fit zu halten und das Verletzungsrisiko zu minimieren.
  • Beweglichkeitstraining wird massiv unterschätzt und viel zu wenig gemacht. Das könnten das Lauf ABC sein, das könnten Sprünge sein, das könnten Landungen sein und auch das ist wieder sehr abhängig vom Niveau.
  • Ole bringt das Beispiel seiner Oma. Sie ist vor ein paar Jahren verstorben, aber sie hat mit um die 90 Jahren auch noch eine Form von dynamischem Training gemacht. Für sie hieß das, sie hat sich irgendwo festgehalten und so ein bisschen das Gewicht schnell von einem aufs andere Bein verlagert. Sie hatte dafür einen Catch-Phrase: „schneller als der Alltag“. Also Menschen sollten sich schneller als ihr normaler Alltag bewegen, einfach um sich auf so etwas wie Stürze vorzubereiten.
  • Wir verlieren Muskelmasse ab dem 30. Lebensjahr, wenn wir nichts dagegen tun. Und noch ein bisschen schneller verlieren wir unsere Power oder das Rate of Force Development, also unsere Schnellkraft und die Möglichkeit, schnell Kraft zu entwickeln.
  • Gerade im Alter sind Stürze ein Thema und sind sozusagen ein wirklich großer Risikofaktor. Und wenn wir viel Kraft und Muskulatur haben, ist das eine gute Sache. Denn bringen wir unser Bein schnell genug nach vorne, können aber dann nicht die Kraft schnell entwickeln, dann können wir uns vielleicht trotzdem nicht abfangen und stürzen immer noch.
  • Deshalb macht unglaublich viel Sinn, Dynamisches und Explosives zu trainieren. Dann haben wir eben so eine gewisse Elastizitätskomponente. Also wenn man zum Beispiel springt, dann wird ja Energie in den Sehnen eingelagert und dann wieder abgegeben. Dafür braucht man gar nicht so viel muskuläre Arbeit, so Ole.
  • Mit relativ wenig Aufwand kann man so seine Sehnen und Bänder fit halten – und das auch noch mit Spaß! 5-10 Minuten pro Einheit einfach mal Hüpfen und Springen. Das macht das Training auch abwechslungsreich.

17:37 Aufteilung der Einheiten

Wie würde Ole Krafttrainings- und Ausdauereinheiten aufteilen?

  • Wie Einheiten gestaltet werden, ist stark abhängig von der Ausgangslage und den Zielen der jeweiligen Person. Ole beschreibt, dass er für eine Person, die zweimal die Woche ins Fitnessstudio geht, zusätzlich zu den Krafteinheiten Ausdauerreize mit Intervallen am Ende der Einheit planen würde. Er motiviert seine Kunden darüber hinaus immer dazu, sich auch in der Freizeit Aktivitäten zu suchen, die die Ausdauer trainieren.

“Wenn jetzt jemand zum Beispiel nur zweimal die Woche trainiert und zweimal die Woche zu mir kommt und er oder sie macht sonst nichts, dann würde ich da wahrscheinlich auch irgendeinen Ausdauerreiz versuchen zu setzen – mit ein paar Intervallen am Ende. Das wäre dann weit weg von optimal, aber es wäre halt ein bisschen was und im Idealfall würde ich dann versuchen, sie / ihn zu motivieren, in der Freizeit irgendwas Ausdauertechnisches zu machen, irgendwelche Freizeitaktivitäten, die Ausdauersport beinhalten.”

18:26 Bedeutung und Vorbeugung von Verletzungen im Alter

Sarkopenie ist die größte Gefahr im Alter. Wie könnte man dem vorbeugen?

  • Thiemo beschreibt die aktuelle Datenlage um Verletzungsmuster. Er geht auf das Mortalitätsrisiko bei Patienten mit Knochenbrüchen, z. B. in großen Röhrenknochen, ein. 40% aller älteren Menschen, die sich einen solchen Knochen brechen, sind, laut aktueller Datenlage, nach einem Jahr verstorben.
  • Dies ist ein multifaktorielles Problem, doch die Sarkopenie, also der Muskelverlust, scheint hier eine tragende Rolle zu spielen. Prävention durch Kraft- und Beweglichkeitstraining ist in diesem Fall sehr wichtig.
  • Ist man Mitte 30 hat man noch größere Chancen dagegen anzukämpfen, als jemand, der erst dann anfängt, wenn schon etwas passiert ist. Was nicht heißt, dass man nicht auch im Alter noch Fortschritte machen kann.
  • Es gibt super Studien, wo man mit 70+ Jährigen angefangen hat, noch eine Trainingsintervention zu machen. Klar ist es immer besser, das Ganze “von klein auf” zu erhalten. Aber man konnte dort auch noch Fortschritte sehen.
  • Es ist allerdings bei Elastizität und gerade bei Bindegewebe definitiv so, dass im Alter das auf jeden Fall auch abnimmt. Also egal wie viel man trainiert. Das kann man sehr gut sehen, wenn man sich verschiedene Altersklassen beim Sprinten ansieht, so Ole.

21:44 Standardmethodik für elastisch dynamisches Training

Wie würde Ole ein dynamisches Training für ältere Personen planen?

  • Zunächst muss man sich einen Überblick über die Ausgangslage der Person machen. Es ist immer zu beachten, dass im dynamischen Training sehr hohe Kräfte erzeugt werden. Bewegungen können skaliert werden, z. B. ein schnelles Absenken in eine Bodyweight Kniebeuge anstelle eines Sprungs. Hier wirkt noch immer die Schwerkraft und die Energie muss von der Person abgefangen werden.
  • In einer Progression könnte man Gewichte in den Händen dazugeben und von den Zehenspitzen aus in eine schnelle Kniebeuge gehen. Auf diese Weise kann man dann auf Jumping Squats hinarbeiten. Man unterscheidet hier zwischen Abbremsbewegung und Kraftentwicklungsübungen. Im besten Fall kombiniert man beides in einer Einheit (z. B. Box Jumps und Jump Squats). Je höher die Kräfte, desto weniger Wiederholungen.

“Wir bewegen uns in einem Rahmen von 3-4 Sätzen á 5-6 Wiederholungen.”, so Ole. “Athleten profitieren schon von zwei Einheiten dynamischen Trainings in der Woche.”

  • Wir können mit dynamischen Bewegungen sehr hohe Kräfte erzeugen – das bringt Vor- und Nachteile. Bei Profisprintern zum Beispiel: Top-Geschwindigkeit, aber wenn die mit einem Bein aufkommen, wirkt das sechsfache Körpergewicht. Das heißt, es wirken auch Kräfte, die können wir mit einer Kniebeuge oder so nicht erzeugen. Und dementsprechend will ich da auch sehr bedacht damit umgehen. Dafür brauche ich dann auch nicht viele Wiederholungen, so Ole.

29:17 Box Jumps und Opportunitätskosten

Gibt es die perfekten Übungen für alle Personen?

  • Die CrossFit Bewegung hat das Ganze vermutlich angeregt. In jedem Gym steht so eine Functional Ecke, meist auch mit Boxen. Da springt man rauf und meist auch wieder runter. Und häufig viel zu oft. Das birgt aufgrund der wirkenden Kräfte ein Verletzungsrisiko.
  • Wie hoch man springen kann, steigert nicht unbedingt die Qualität des Sprunges. In den meisten Fällen werden nur die Beine näher an den Oberkörper herangezogen – was für den Sprung an sich völlig irrelevant ist. Es geht um die Kontrolle in der Bewegung. Ole beschreibt das Beispiel eines Box Jumps.
  • Man sollte auch immer die Opportunitätskosten bedenken, sagt er. “Nur weil etwas allgemein eine gute Übung ist, heißt es noch lange nicht, dass es die beste Übung für Person A ist.” 
  • Was soll das Ziel der Übung sein? Gibt es eine Übung, die in dem jeweiligen Kontext vielleicht besser geeignet wäre?
  • Es gibt nicht wirklich schlechte Übungen, aber es gibt halt Übungen, die sind besser geeignet für eine bestimmte Situation, als eine andere Übung.

32:15 Wissenschaftlich bewiesene Dinge im Krafttraining

Krafttraining als Wundermittel? Wie steht Ole dazu?

  • Krafttraining als das Allheilmittel? Definitiv! Ausdauer sollte für die kardiovaskuläre Gesundheit ebenfalls nicht außer Acht gelassen werden, doch besonders im Alter spielt Krafttraining eine übergeordnete Rolle. Es hilft dabei, dem natürlichen Muskelschwund entgegenzuwirken, beeinflusst positiv die Knochengesundheit (Osteoporose), unterstützt den Stoffwechsel und trägt zum Erhalt eines stabilen Blutzuckerspiegels bei. Krafttraining wirkt sich ebenfalls positiv auf die mentale Gesundheit aus. Es stärkt die Selbstwirksamkeit, das Selbstbewusstsein, gibt sehr viel Sicherheit in den eigenen Körper und fördert so die Lebensqualität.

“Krafttraining als Wundermittel? Ich würde sagen: Ja!. Gleichzeitig würde ich auch sagen, – und das ist etwas, wo die Fitnessbranche sich manchmal vielleicht ein bisschen zu sehr in Kraft verrennt – dass Ausdauer schon auch eine wichtige Rolle spielt.”

  • Laut dem Physical Acitivity Report der WHO, decken 70% der Deutschen den Ausdaueraspekt schon ganz gut ab. Es fehlt ihnen dann an der Kraftkomponente.
  • Gleichzeitig spielt Kraft im Alter eine enorm wichtige Rolle, denn es hat Einfluss auf die natürliche Sarkopenie, aber auch auf das Osteoporoserisiko. Besonders bei Frauen (nach der Menopause).
  • Muskel ist ein wichtiges Stoffwechselorgan. Man weiß heute, dass Muskulatur gar nicht so viel signifikant mehr Kalorien verbraucht, aber es hat einen enorm positiven Einfluss auf die Blutzuckerregulation. Muskeln speichern Glucose, wenn es nicht benötigt wird, ähnlich wie die Leber.
  • Krafttraining hat auch eine mentale Komponente. Man weiß heute, dass es effektiv bei der Behandlung von Depressionen ist. Aber auch bei der Entwicklung von Selbstwirksamkeit und Selbstbewusstsein. Krafttraining gibt Sicherheit in den eigenen Körper und die eigenen Fähigkeiten.

37:50 Progress und Spaß im Training

Höher, weiter, besser?! Muss Progression immer Ziel im Training sein?

  • Progression ist am Anfang des Trainings schneller und in größeren Sprüngen möglich, als für jemanden, der schon sehr erfahren im Krafttraining ist.
  • Irgendwann kommen wir an einen Punkt, wo man sehr starke neue Reize bräuchte, um weiterhin Fortschritt zu sehen. Stellt sich die Frage, ob sich das dann noch mit den Fitnesszielen der jeweiligen Person deckt.
  • Ole stellt die Frage, ob ab einem gewissen Punkt Stagnation nicht auch Progression sein kann. Variation kann das Training interessant halten und steigert die Motivation – auch wenn es im Sinne der Progression vielleicht eher ineffektiv ist, auf diese Weise zu trainieren.
  • Wenn ein gewisses Niveau über eine lange Zeit gehalten werden kann, sollte auch das als Progression gegen die natürliche Sarkopenie betrachtet werden. Spaß beim Training ist ebenfalls nicht zu vernachlässigen.
  • Es geht nicht immer um Progression, manchmal ist es Variation, die im Fokus liegen sollte. So kann das Training über lange Zeit interessant gestaltet werden, was eine Kontinuität gewährleistet, die für die Aufrechterhaltung der Gesundheit unglaublich wichtig ist.

“Und das ist auch, glaube ich, das, was der Fitnessindustrie guttun würde: Wenn man sich darauf konzentrieren würde, nicht unbedingt das perfekte Training zu bieten, sondern den langfristigen Spaß bei der Sache zu erhalten.”

41:26 Beispielhafte Krafttrainings-Woche eines Durchschnittsbürgers

Ole’s Trainingsempfehlung für den Durchschnittsbürger

  • Für den Durchschnittsbürger würde eine gute Trainingswoche durchaus variieren. Dies kann von ein Mal die Woche 60-90 Minuten Training bis hin zu jedem Tag mit einer kurzen Einheit gehen.
  • Ole bezieht sich hier auf eine Studie aus dem letzten Jahr, die besagt, dass auch Microdosing im Krafttraining auch einen guten Effekt auf die Gesundheit haben kann. Hier sprechen wir dann von 10 Minuten Krafttraining am Tag, aufgeteilt in zwei Übungen – Push und Pull, Hinge und Squat oder Lunge. Je nach Anzahl und Frequenz der Trainingseinheiten in der Woche kann man dann anfangen zu variieren und auch das Volumen der Übungen anzupassen.
  • Es kann komplett variieren in der Frequenz: Von einmal Training die Woche, aber dann so 60 bis 90 Minuten. Das empfielt Ole den Wenigsten. “Was ich zum Beispiel super vielen Leuten empfehle, ist jeden Tag ein kleines bisschen Training.”, sagt er.
  • Es gibt einige Studien zum “Microdosing” bei Krafttraining. Da gibt es um die Frage: Kann ich auch mit zehn Minuten am Tag einen ziemlich guten Effekt erzielen? Damit werde ich keinen großen Muskelwachstum fördern, keinen Beachbody erzeugen. Aber von den gesundheitlichen Benefits für Kraft und Co. bekomme ich damit auf jeden Fall einige.
  • Microdosing hat den Vorteil, dass man es zu einer Gewohnheit machen kann. Dass z. B. jeden Morgen 10 Minuten trainiert und das könnten zum Beispiel jeden Tag zwei Übungen sein: eine Oberkörper-, eine Unterkörperübung. Dafür braucht man maximal ein Set Kurzhanteln.
  • Ein solches Training könnte wie folgt aussehen: Man macht ein paar Kniebeugen mit einer Kurzhantel vor dem Körper. Dann Bankdrücken, indem man sich auf den Boden legt. Der nächste Tag ist Kreuzheben: Zwei Kurzhanteln oder einbeiniges Kreuzheben und Rudern mit der Kurzhantel. Und so könnte man relativ viel abdecken.
  • Ole würde das Training in Bewegungsmuster unterteilen. Also Push, Pull oder Ziehen und Drücken für den Oberkörper und dann Hinge und Squat. Hinge ist, wenn man die Hüfte abklappt wie ein Scharnier (engl. hinge). Das heißt, das wäre sowas wie Kreuzheben, Hip Thruster und dann noch eben Squat oder Lunge.
  • Bei einmal Training die Woche würde Ole einfach die vier Einheiten jeweils mit einer Übung trainieren. Je öfter man in der Woche trainiert, desto mehr Variation kann man mit einbringen.

44:51 Splitten eines Trainingsplans

Ist mehr auch immer besser? Wie viele Einheiten pro Woche solltest du trainieren?

  • Wenn man nicht nur für die Gesundheit, sondern auch für die Ästhetik trainieren möchte, sollte man mind. 3 Einheiten Krafttraining die Woche absolvieren, so Ole. Je mehr Einheiten in der Woche, desto weniger zusätzliche Resultate kann man pro Extra-Einheiten erwarten.
  • Die Periodisierung und Strukturierungen der Übungen sind eher zweitrangig, auf die lange Sicht gesehen. Ole empfiehlt jedoch, nicht zu viele komplexe Übungen miteinander zu kombinieren.

48:02 Intensität und Wiederholungszahlen im Krafttraining

Kraft vs Hyperthrophie – was sind Oles Empfehlungen fürs Training?

  • Wo fängt Krafttraining an und wo hört es auf? Ole antwortet auf diese Frage: “Alles, was man weniger als 30 Mal schafft, wäre für mich Krafttraining.”. Anfänger machen auch mit weniger Intensität zunächst noch Fortschritte, doch irgendwann muss sich auch die Intensität steigern, um Progression zu fördern. Die meisten Menschen unterschätzen sich und ihre Maximalkraft erheblich.
  • Für Kraftaufbau muss auch gar nicht bis zum Muskelversagen trainiert werden, für den Muskelaufbau dagegen wahrscheinlich schon. Je isolierter die Muskelgruppe angesteuert werden kann, desto mehr Wiederholungen sollten angestrebt werden – dann aber bis zum Muskelversagen. Ole zieht hier das Beispiel eines Bizeps Curls heran.
  • Für Hypertrophie sollte man zwischen sechs bis fünfzehn Wiederholungen liegen, so Ole. Macht man mehr Wiederholungen, triggern dann aber auch die metabolischen Prozesse Muskelwachstum. Diese Mechanismen erlauben mehr Abwechslung in der Trainingsplanung.

52:42 Muskelversagen und Berücksichtigung von Schmerzen im Training

Gute Schmerzen vs. schlechte Schmerzen. Wie erkenne ich den Unterschied?

  • Für die meisten Menschen ist es nicht gefährlich, ans Muskelversagen zu gehen. Mit Intensitätstechniken (Bsp. Training der Exzentrik) sollte man jedoch vorsichtig sein.
  • Wann sind Schmerzen im Training bedenklich? Metabolischer Stress, wie er zum Beispiel entsteht, wenn man einen Pump hat, kann Schmerzen erzeugen. Diese sind völlig unbedenklich und können ausgereizt werden, wenn man es will.
  • Schmerzen, die jedoch unabhängig vom metabolischen Stress bestehen, müssen immer durch ein gezieltes Assessment bewertet werden. Wieso treten die Schmerzen in der Bewegung auf? Bestehen Dysbalancen? Defizite in der Rotation, etc.? Jeder Schmerz muss abgeklärt werden. Es sollte aber in jedem Fall auf Muskelerhalt im betroffenen Bereich trainiert werden, indem Übungen angepasst werden. So kann auch die psychische Sensibilität für den Schmerzbereich gemindert und Selbstsicherheit und -bewusstsein in den eigenen Körper gestärkt werden.

01:02:20 Wahrnehmung von Krafttraining und Technik

Ist Krafttraining gefährlich für deine Gesundheit?

  • In der Allgemeinheit wird Krafttraining häufig noch als gesundheitsschädlich und unsicher wahrgenommen.

Viel Gewicht zu bewegen heißt nicht automatisch, dass man sich damit etwas Schlechtes antut. Im Gegenteil. Es geht darum, zu lernen, dieses Gewicht richtig zu bewegen. Die richtige Technik einzusetzen und sich gesund zu bewegen.”

  • Man kann eine Vielzahl an positiven Effekten für die Gesundheit allgemein erzielen.

01:05:46 Einschätzung des Verletzungsrisikos

Wie hoch ist das Verletzungsrisiko im Krafttraining?

  • Krafttraining wird häufig noch als der Sport mit dem höchsten Verletzungsrisiko wahrgenommen. Dabei zeigen Studien immer wieder, dass neben Kontaktsportarten Fußball die Sportart mit den meisten Verletzungen ist. Und das nicht aufgrund des Gewichts, sondern aufgrund spontaner Richtungswechsel, die eine hohe Belastung für Bänder und Sehnen darstellen.
  • Die größere Gefahr geht eher von Sportarten aus, wo man schnelle Richtungswechsel ausführen muss, wie zum Beispiel beim Fußball. Auch Kontaktsportarten haben ein höheres Verletzungsrisiko als (richtig ausgeübter) Kraftsport.

01:07:06 Präferierte Übungen für den Durchschnittsmenschen

Wenn Ole jemandem nur eine Übung empfehlen dürfte, welche wäre es?

  • Für die meisten Menschen würde Ole das Muster der Kniebeuge trainieren. “Das muss kein Back Squat sein.“, sagt er. Es können auch angepasste Übungen eingebaut werden, wie z. B. Front Squats, Goblet Squats und Co.
  • Auch das Training an Maschinen empfiehlt Ole. Geführte Übungen sind gerade für Anfänger noch besser geeignet und reduzieren das Verletzungsrisiko, wie beispielsweise Kurzhanteln. Ole nennt hier Übungen wie ein Pendulum oder eine Hack Squat. Eine Variation aus verschiedenen Geräten und Übungen ist zu empfehlen.

01:09:20 Angst vor Krafttraining und Anerkennen des “Nicht-Wissens”

Von Mythen und Legenden im Krafttraining

  • Krafttraining ist eine der sichersten und kontrolliertesten Sportarten. Das Wissen hat sich in den letzten Jahren so extrem weiterentwickelt, sodass man immer up to date bleiben muss, um ein gutes Training planen zu können.
  • Mythen halten sich leider sehr lange in der Fitnessbranche und man sollte sich immer eingestehen, dass man eben nicht alles weiß und neue Erkenntnisse annehmen. Meinungen können sich ändern –  Thiemo und Ole gehen hier auf persönliche Beispiele ein. Menschen lieben Konsistenz, weshalb wir am Bekannten festhalten wollen. Dennoch sollten wir unser Wissen regelmäßig hinterfragen.
  • Krafttraining ist so einfach zu dosieren und es wird langsam und kontrolliert ausgeführt. Man kann es eigentlich immer abbrechen und es ist quasi kein “Chaos” vorhanden. Sport hat immer Chaos, hat immer sozusagen unberechenbare Elemente. Das heißt auch nicht, dass man keinen Sport machen sollte. Aber man muss keine Angst vor Krafttraining haben, weil es ist so sicher und so leicht anzupassen ist.
  • In den Studios hält sich das Wissen von vor 10-20 Jahren hartnäckig, dabei gibt es so viele neue Erkenntnisse, die aber einfach noch nicht in den Gyms angekommen sind.

01:16:04 Relevanz von Ausdauer im Training

Wie wichtig ist jetzt das Thema Ausdauer im Kontext Training, wenn man es in Relation zum Krafttraining setzt?

  • Ole glaubt, dass Krafttraining für die Lebensqualität gerade im höheren Alter genauso wichtig oder wichtiger ist als Ausdauer. Was aber nicht bedeutet, dass Ausdauer egal ist.
  • Ausdauer scheint für die Langlebigkeit noch etwas wichtiger zu sein als Krafttraining. Ausdauer fördert das kardiovaskuläre System besser als Krafttraining allein es kann. Ausdauer muss nicht immer einen Marathonlauf bedeuten. Wo im Alltag kann man Aktivitäten finden, die Ausdauer integrieren? Mit den Kindern spielen, spazieren gehen, öfter Fahrrad fahren, etc.
  • Für Athleten kann man das gezielter gestalten, je nach Ausgangslage, Ziel und Energiebereitstellung. Es kommt, wie immer, auf die Zielsetzung an.
  • Die Vo2 Max ist ein guter Parameter, wenn man die eigene Ausdauerfitness beurteilen möchte. Gesundheit hängt auch von der Sauerstoffaufnahme und der Lungenkapazität ab. Das wirkt sich aufs gesamte Herz-Kreislauf-System aus.

Abb. Formel zur Berechnung von VO2max (DocCheck Flexikon)

  • Seine Ausdauer kann man auch ganz einfach durch Freizeitaktivitäten unterstützen, z. B. Radfahren, Schwimmen, Wandern. Es muss nicht immer extrem anstrengendes Sprint-Training sein, so Ole.

01:21:17 Täglicher Sport für maximalen Benefit

Tägliche Bewegung ist ganzheitlich gut.

  • Im Idealfall macht man jeden Tag eine Art von Sport bzw. Bewegung. Laufen, Radfahren, Schwimmen und Co. sind super für niedrige Intensitäten, die man täglich in den Alltag einbauen kann. Manchmal gibt es jedoch Lebenslagen, die es nicht erlauben, jeden Tag Sport zu machen (Verletzungen, Geburt eines Kindes, etc.). Auch das ist okay, so Ole.

“Training und Bewegung muss immer an die jeweilige Lebenssituation und die jeweiligen Ziele angepasst werden.”

  • Für den maximalen Benefit – für die Gesundheit und Performance – empfiehlt Ole dreimal die Woche Krafttraining und ein bis zweimal etwas Niedrigintensives im Ausdauerbereich und einmal in der Woche ein intensiveres Training. Wie realistisch das für den jeweiligen Alltag ist, muss dann immer individuell entschieden werden.

01:22:34 Pressatmung und das Problem mit dem Schwarz-Weiß-Denken

Was ist Pressatmung? Warum wird es manchmal noch als problematisch dargestellt?

  • Pressatmung kommt immer dann zum Einsatz, wenn wir das Zwerchfell nutzen, um den Druck im Bauchraum zu verändern – zum Beispiel auch beim Toilettengang. Wir lernen jedoch auch mithilfe der Pressatmung die Rumpfmuskulatur zu “versteifen”. Was wir auch lernen müssen, sonst könnten wir gar nicht aufrecht gehen. Wir können die Pressatmung auch bewusst einsetzen, um im Krafttraining den Rumpf zu stabilisieren und so die Wirbelsäule zu stützen. Der erhöhte Druck im Oberkörper schützt so vor Verletzungen.
  • Da der Blutdruck in diesen Momenten steigt, wurde der Pressatmung früher ein gesundheitsschädliches Image verliehen. Heute kennt man jedoch die Benefits der Pressatmung und dass sich kurzfristige Anpassungen wie ein erhöhter Blutdruck schnell wieder regulieren. Risiken bestehen nur für Personen mit diagnostizierten Herz- und Gefäßerkrankungen, so Thiemo. Das seien aber auch nicht die Menschen, die sich dann an einer schweren Kniebeuge versuchen.
  • Leider werden diese Risiken in den sozialen Medien dann so pauschalisiert und aufgebauscht, dass es zu Fehlinformationen der Massen führt. Ähnliches Schwarz-Weiß-Denken lässt sich auch in ganz anderen Strömungen finden – zum Beispiel, wenn es um das Thema Ernährung geht. Hier führt Thiemo die Diskussion um Eiweißshakes und ihre potenziell gesundheitsschädliche Auswirkung auf die Nieren.

“Man sieht heutzutage immer mehr Shake-Konsumenten, die an Nierenerkrankungen leiden oder an Nierenversagen. Also, selbst wenn das so wäre, was ich jetzt gar nicht mal unterschreiben würde, aber selbst wenn es so wäre, wäre das eine Korrelation. Nur ein Zusammenhang, keine Ursachenzuschreibung. Das ist als würde ich sagen, ich sehe heutzutage immer mehr Verletzungen bei BMW-Fahrern, weil BMW-Fahrer vielleicht jünger sind, risikofreudiger sind, aber dann ist am Unfall ja nicht der BMW schuld.”

01:34:51 Nasenatmung

Was ist das Besondere an Nasenatmung?

“Grundsätzlich ist es so”, sagt Ole, “dass der Mensch dazu gemacht ist, durch die Nase zu atmen. Durch den Mund atmen wir nur, wenn wir reden.”

  • Nasenatmung sollte die Norm darstellen. Heutzutage atmen wir aber mehr und mehr durch den Mund. Das hat viele verschiedene Gründe – jedoch auch mindestens genauso viele Konsequenzen für unsere Gesundheit. Wir verlieren mehr Flüssigkeit, atmen flacher und schneller, die Gesichtsphysiognomie verändert sich (also wie unser Kiefer geformt ist), wir kauen nicht mehr so viel.
  • Auch Schnarchen oder Schlafapnoe sind Folgen von zu wenig Nasenatmung.
  • Wir haben ein Gas (Stickstoffdioxid) in unserer Nase, das mit der Atemluft vermischt wird und dabei hilft, dass die Lunge besser funktioniert. Außerdem wird die Luft temperiert und das heißt, wir haben relativ viele Effekte, die bei der Nasenatmung stattfinden und nicht beim Atmen durch den Mund.

01:27:29 Atmung und Schmerzen

Kann man Schmerzen wegatmen? Wie hängt beides zusammen?

  • Atmung kann auch im Kontext von Schmerzen eine große Rolle spielen. Schmerz spüren wir, wenn das Gehirn Signale vom Körper bekommt, die er dann als gefährlich interpretiert. Diese Interpretation hängt allerdings auch vom Stresslevel ab, d. h. derselbe Reiz würde an zwei Tagen ein unterschiedliches Schmerzlevel auslösen.
  • Atmung und Stress sind eng miteinander verknüpft. Normalerweise atmen wir unterbewusst, doch anders als bei z. B. der Darmperistaltik haben wir die Möglichkeit, die Atmung zu beeinflussen – und damit auch das autonome Nervensystem. Dieses kennt zwei Zustände: Sympathisch und parasympathisch.

Abb. Wirkungen des sympathischen und das parasympathischen System (DocCheck Flexikon)

  • Ersteres ist für die Aktivierung des Nervensystems zuständig, die Hochregulierung, den Fight-Modus. Der Parasympathikus hingegen ist das Rest-and-Digest. Hier wird das Nervensystem runtergefahren, die Atmung wird langsamer und tiefer und weitere Körperfunktionen, wie die Verdauung, werden hochgefahren. Über bewusstes Atmen können wir den Parasympathikus triggern und das Stresslevel – und die wahrgenommenen Schmerzen – auf diese Weise herunterregulieren.

01:41:47 Einbindung von Atemübungen

Wie oft sollte man Atemübungen in den Alltag einbinden?

  • Man kann sie regelmäßig einsetzen, aber auch in akuten Stressreaktionen können sie Abhilfe verschaffen. Für die meisten Menschen ergibt es Sinn, die CO2-Toleranz zu trainieren, denn auch die steht in Verbindung zum wahrgenommenen Stresserleben.
  • Die CO2-Toleranz beschreibt unsere Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Atemreiz. Je höher die CO2-Toleranz, desto langsamer geben die Rezeptoren in unserem Hirn den Impuls, wieder einzuatmen. Wir können CO2 länger im System tolerieren. Je länger, desto ausgeglichener ist der Körper.

01:43:07 Tests zur Messung der CO2-Toleranz

Welche Tests zur Messung der CO2-Toleranz kann ich einfach und alltagspraktisch anwenden?

  • Erstens: der BOLT Test. BOLT steht für Body-Oxygen-Level-Test, grob übersetzt also Körper-Sauerstoff-Niveau. Der Test prüft, wie man auf den ansteigenden CO2-Gehalt im Blut reagiert, nachdem man ausgeatmet hat und die Luft anhält. Mache dies am besten in einer sitzenden Position. Während des Tests stoppst du die Zeit. Sobald du den ersten Reflex zum Einatmen verspürst, stopp die Uhr. Der erste Atemzug nach dem Reflex sollte nicht länger anhalten, als die Zeit, die du die Luft anhalten konntest. Alles unter 15 Sekunden deutet darauf hin, dass an der CO2-Toleranz gearbeitet werden sollte. Die Tests sollten mehrmals und auch unter verschiedenen Bedingungen (auf der Arbeit, zu Hause) durchgeführt werden. Der Mittelwert aller Messungen sollte dann zur Bewertung herangezogen werden.
  • Zweiter Test: Atme tief durch die Nase ein und atme so langsam du kannst durch die Nase wieder aus. Stoppe nicht und beschleunige die Atmung nicht. Auch hier stopp wieder die Zeit.
  • Die Anleitung zu beiden Tests findest du hier:

01:45:58 Möglichkeiten, um die CO2-Toleranz zu trainieren

Wie kann ich zu Hause meine CO2-Toleranz trainieren?

  • Hat man eine schlechte CO2 Toleranz, sollte man in erster Linie daran arbeiten, länger anhalten und ausatmen zu können. Das klassische Box Breathing kann hier ebenfalls hilfreich sein.
  • Wenn man diese Atemtechniken nicht gewohnt ist, können zunächst Gefühle von Unwohlsein und Angst aufkommen, daher geht es nicht darum, die Techniken so lange wie möglich durchführen zu können. “Es sollte herausfordernd, aber nicht überfordernd sein.”, so Ole.
  • Bewusste Atemtechniken (wie das Box Breathing) können auch in akuten Stresssituationen helfen, sich herunterzuregulieren. Der Fokus sollte auf jeden Fall auf der Ausatmung liegen, denn in der Ausatmung wird das parasympathische Nervensystem getriggert und kann so zu einer Beruhigung des Systems beitragen.

Wie funktioniert das Box Breathing?

  • Man stellt sich eine Box vor, die vier Seiten hat. Alle Seiten sind gleich lang und alle Seiten entsprechen einem Teil der Atmung: eine „Seite lang“ einatmen, zum Beispiel über vier Sekunden, dann vier Sekunden lang anhalten, vier Sekunden ausatmen, vier Sekunden halten. Und so weiter. Das kann ich auch im Gehen machen. Dann kann ich zum Beispiel Schritte zählen, anstatt Sekunden.

Abb. Box Breathing mit einer 4 Sekunden Kadenz

  • Wenn man sich das neurowissenschaftlich anschaut, sieht man auch, dass die Herzfrequenz und Co. deutlich runtergehen. Diesbezüglich gibt es eine gute Doku mit Chris Hemsworth: Limitless.

01:51:24 In welchen Situationen sollte man bei der Atmung nachhelfen?

  • Es ist immer sehr einzelfallabhängig, aber für die Erhöhung der Stresstoleranz kann man mit der Atmung sehr viel erreichen. Auch auf die Schlafqualität kann es unterstützend wirken. In diesem Zusammenhang sprechen Thiemo und Ole über das Mouth Taping. Also darüber, sich nachts den Mund zuzukleben, um gezwungenermaßen durch die Nase zu atmen.

  • Dies ist für viele Menschen sehr befremdlich, kann in vielen Fällen aber zu einer Besserung führen. Man kann zunächst auch tagsüber mit dem Mouth Taping beginnen, um sich daran zu gewöhnen.

  • Bei Menschen mit Asthma kann Mouth Taping ebenfalls helfen, die Lunge zu stärken. Auch hier gilt: erst einmal im wachen Zustand ausprobieren, bevor man das Mouth Taping nachts ausprobiert und Angst bekommt.

01:54:43 Extrembeispiele bei der CO2-Toleranz

  • (Zyklisches) Hyperventialtionstraining ist ein Extrembeispiel, was Ole nur selten empfehlen würde. Den meisten Menschen würde er jedoch eine andere Form der Atemtechnik empfehlen, um die CO2-Toleranz zu trainieren. Beim Hyperventilieren wird der Atemreiz irgendwann nicht mehr so stark ausgelöst, was in manchen Fällen gefährlich werden kann, da man das Atmen “vergessen” und ohnmächtig werden kann. Thiemo und Ole berichten hier von persönlichen Erfahrungen.

“Die Frage ist immer, was ich mir davon erhoffe und ob ich nicht mit anderen, einfacheren Techniken dasselbe erreiche.”

  • Muss sich jeder mit Zonen-Training und Co. beschäftigen? Nein, sagt Ole. Wenn die Basics schon nicht sitzen, dann muss man gar nicht erst mit Finetuning anfangen. Wie steht es um die Bewegung allgemein? Die Supplemente? Viele Menschen verrennen sich in Perfektionismus und machen dann am Ende gar nichts. Und das ist schlimmer, als nicht alles perfekt zu machen.

02:01:14 Zone-2-Cardiotraining nur mit Nasenatmung

Ein einfacher Weg seine CO2-Toleranz zu erhöhen

  • Kann man Nasenatmung und Training effizient miteinander verbinden? Ja, kann man. Zone-2-Cardiotraining in Verbindung mit Nasenatmung kann ein sehr guter und praktischer Weg sein, eine schlechte CO2-Toleranz zu trainieren oder auch noch zu fördern, selbst wenn die Toleranz an sich nicht allzu schlecht ist.
  • Wenn man bei niedrigen Intensitäten mit der Nasenatmung anfängt, kann man irgendwann auch in höheren Intensitäten noch “einfach” durch die Nase atmen. Die Toleranz baut sich auf.
  • Gerade wenn die eigene CO2-Toleranz schlecht ist, ist das ein sehr einfacher Weg, sich selbst eine bessere Toleranz anzutrainieren.

02:05:02 Eine typische Trainingswoche bei Ole

Wie sieht eine typische Trainingswoche bei Ole aus?

  • Gerade trainiert Ole sehr ausdauerlastig, daher hat sich sein Trainingsplan in der letzten Zeit sehr verändert. Sein Ziel ist es, den Jubiläumsgrat zu wandern. Sonst trainiert er 3-4 Mal die Woche Kraft. Er fährt täglich mit dem Rad, macht eventuell 1-2 Mal die Woche gezieltes Ausdauertraining. Das hängt davon ab, ob er ausdauerlastigen Freizeitaktivitäten wie Bergsteigen nachgegangen ist.
  • Derzeit macht er zweimal die Woche Krafttraining und legt den Fokus auf intensives Ausdauertraining.

02:06:44 Beispielhaftes spezifisches Ausdauertraining und Progression dessen

Wie baut Ole sein Ausdauertraining auf und aus?

  • Ole bringt gern Variation ins Training. Assault Bike, Schlitten ziehen, etc. Er fängt mit dem Laufen wieder an, möchte sich jedoch langsam wieder daran gewöhnen, weshalb er derzeit noch Lauf- und Gehintervalle einbaut. Auch das spezifische Intervalltraining verfeinert er nach und nach. Hier sind seine Ziele nach und nach die Intervallstruktur zu verändern, Geschwindigkeit aufzubauen und den Puls konstant über lange Ausdauereinheiten zu halten.

02:10:38 Bergsteigen und der Beginn von Ausdauertraining

Warum mag Ole das Bergsteigen so? Und wieso macht er dieses Selbstexperiment?

  • Ole fordert sich gern beim Bergsteigen heraus. Er beschreibt es als eine achtsame Sportart, die ihn sehr intrinsisch motiviert. Gleichzeitig findet er es spannend, das Bergsteigen messbar zu machen, indem er seine Geschwindigkeit trackt oder den Puls nachhält. Ihm macht der Wechsel zum Ausdauertraining derzeit sehr viel Spaß. Er betrachtet sein Ziel auch als Selbstexperiment und nutzt es nun, sich auch in diesem Bereich weiterzubilden.
  • Thiemo berichtet von seinen eigenen Erfahrungen mit Anfängen von Ausdauertraining und seinen Vorbehalten, dass Ausdauertraining monoton und langweilig ist. Ole geht in diesem Zusammenhang auf den Interference-Effekt ein und widerlegt die lange Zeit postulierte katabole Wirkung von Ausdauertraining auf den Muskelaufbau.

Über den Gast

Ole Förster ist Headcoach im FT Club München, Personal- und Athletiktrainer sowie Dozent für Sportwissenschaft an der TU München.

Nach dem Abschluss seinen Studiums zum Sportwissenschaftler setzte er sich intensiv mit den verschiedensten Trainingsansätzen und Coachingherangehensweisen anderer Experten sowie der wissenschaftlichen Datenlage zu den verschiedensten Facetten von Training und Rehabilitation auseinander. Nebenbei entstand sein Interesse für Coaching und die Psychologie und Kommunikation dahinter. Ganz getreu dem Motto “Never stop learning.” beschäftigt sich Ole bis heute mit Training, Coaching und Gesundheit und teilt seine Erfahrungen, praxisrelevante Tipps und Tools für Trainer sowie Einschätzungen zu aktuellen Studien auf Instagram.

Als Mentor begleitet er inzwischen junge, wissbegierige Trainer auf dem Weg zum Coach und gibt seine Expertise rund um Funktionelles Training, Krafttraining und Return to Sports weiter. Immer mit einer ordentlichen Prise an Praxisbeispielen und nie ohne Kommunikation und Psychologie miteinzubeziehen.

Neben seinen Tätigkeiten als Coach, Dozent und Ausbilder veröffentlicht er auch regelmäßig Beiträge in Fachzeitschriften und ist Host seines Podcasts Wachstumskompass.

Weitere Folgen

Triathlon mit Thiemo Osterhaus #42

In der heutigen Folge des CYBS Podcasts spricht Thiemo über seinen persönlichen Weg zum Triathlon! Wie kam es dazu, dass er sich dieses Ziel gesetzt hat? Was sind seine spezifischen…